Information zum Blog
Archiv
1 Beitrag
Februar 2015
Kategorie: Allgemein | 0 Kommentare

Montag, 09. Februar 2015

Preisbindung EUR/CHF gekappt: Das steckt dahinter

Hallo Trader,

ss scheint als wäre die Entscheidung der SNB wie aus dem Nichts gekommen. Die Schweizer Nationalbank hat die Preisbindung für den Währungskurs EUR/CHF bei 1,20 Schweizer Franken pro Euro aufgegeben und die Ziel-Range für den 3M-Libor zwischen -0,25% und -1,25% gesetzt. Mit dem Zielband steuert die Zentralbank den Interbankenmarkt. Vorher lag die Range zwischen -0,25% und -0,75%.


Bild: Im Januar wurde die Preisbindung aufgehoben. Die Stärke des CHF wird den Import von Waren begünstigen. Bildquelle: Mastertraders.

Der Euro ist in Folge dessen auf 0,8520 Schweizer Franken abgestürzt und es sah so aus als hätte die SNB dennoch anschließend interveniert und den Kurs kurzfristig auf eine Notierung über 1,05 Schweizer Franken/Euro gestützt. Die Aufwertung des Franken hat zusätzliche Verluste an den Schweizer Aktienmärkten verursacht. Länder wie Ungarn, das sich zurzeit noch in einer Restrukturierung von auf Schweizer Franken lautenden Darlehen befindet, wurden in Mitleidenschaft gezogen. Der ungarische Forint wertete kurz ab, erholte sich jedoch in den folgenden Tagen. Es sah so aus, als würden die Sorgen der SNB, dass die Kosten der Interventionen für die Stützung des Euro gegen den Franken, im Angesicht des EZB-Aufkaufprogramms, immer größer werden. Und Sie hatte nicht Unrecht.

Die EZB hat ein breites Aufkaufprogramm aufgelegt, demnach ab März, in einem Zeitraum bis September 2016 Staatsanleihen im Wert von 60 Mrd. € monatlich gekauft werden. Das versetzte dem EUR/USD-Kurs einen weiteren Dämpfer in Richtung 1,1350 US-Dollar je Euro. Der DAX schoss auf über 10.500 Pkt. Der Ankauf beinhaltet zwar nur Anleihen mit dem Status Investment Grade, Anleihen der Länder, die sich unter dem Schirm des EU/IWF Rettungsprogramms befinden, können dennoch gekauft werden. Dazu gehören beispielsweise Griechenland, Zypern und Portugal.

Welche Ziele verfolgte die SNB mit der Preisbindung?

Im Zuge der Euro-Krise (2011) hatte die SNB den Schweizer Franken an den Euro-Kurs gekoppelt. Hintergrund ist die starke bilaterale Beziehung zwischen den Ländern. Die stetig wachsenden Leistungs- und Kapitalbilanzen der Schweiz, hatten einen starken Franken zur Folge.

Diese Aufwertung wird durch die Inflationspolitik der Schweiz unterstützt. Das Zielband der Preisentwicklung liegt zwischen 0,0% und 2 %. Kapitalzuflüsse sind daher immer wahrscheinlicher, auch ohne des Save-Haven Charakters der Währung.

Auf der anderen Seite schwächt der starke Franken jedoch die Exportwirtschaft des Landes, womit Deflationsgefahren bestünden. Ausländische Anleihen, wie etwa deutsche, verloren im Vergleich zum Schweizer Franken an Wert. Zwar hat die SNB durch Euro- und Dollarkäufe stützend eingegriffen, das brachte jedoch nicht den gewünschten Effekt. Die Währungsverluste überstiegen im ersten Halbjahr 2011, die Summe von 10 Mrd. Franken.

So entschied der damalige SNB-Chef Phillip Hildebrand über die Festsetzung der Preisbindung. Es würde keine Notierung unter 1,20 Schweizer Franken je Euro akzeptiert werden. Zur Not sollten Devisenkäufe in unbegrenztem Volumen erfolgen. Die Bindung an den Euro hat gewirkt. Die Währungsverluste aus dem ersten Halbjahr 2011 konnten wieder ausgeglichen und ein Gewinn von 8 Mrd. Franken verbucht werden.

Die Aufgabe der Preisbindung und die Folgen

Dass die SNB die Preisbindung irgendwann mal aufgeben würde, war von richtigen Experten erwartet worden. Der renommierte österreichisch-schweizerische Ökonom George Dorgan hatte bereits Ende 2013 in seinem Beitrag "FX Trade of the Future is EUR/CHF short, not EUR/CHF long" genau dargelegt warum. Demnach würde die SNB gut mit einer Notierung der Währung bei 1,10 Schweizer Franken pro Euro leben können, da so die Renditen für Schweizer Bonds sinken würden und damit verbunden die Verschuldung. In 2013 hat die SNB eine Rendite von 2% auf US- und deutsche Anleihen pro Jahr verdient und mit Aktieninvestments noch mehr. Um den CHF-Verlust aufgrund der Aufwertung auszugleichen, würden diese Renditen ausreichen. Dennoch, das Aufgeben der Preisbindung bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Interventionen der SNB vorbei sind. Die Notenbank behält sich dadurch eine gewisse Flexibilität vor. Es ist für sie günstiger als eine bestimmte Zone zu verteidigen, zumal die Interventionen nicht mehr punktuell erfolgten, sondern kontinuierlich stattfinden mussten.

Laut Berichten hätte die SNB allein im Januar für rund 100 Mrd. Franken intervenieren müssen. Langfristig erschien die Option auf die Freigabe des Wechselkurses daher vorteilhafter. An der Glaubwürdigkeit der Notenbank würde das wenig ändern. Laut der Aussage des SNB-Chefs Jordan, hätte man einen Ausstieg sowieso nicht kommunikativ vorbereiten können. Mehr noch würde eine Vorwarnung Spekulanten in den Markt treiben. Auf Zustimmung trifft der neue Kurs der SNB auch seitens des UBS Präsidenten Axel Weber. Auf dem Wirtschaftsforum in Davos beteuerte Weber: "Die Überraschung war unausweichlich gewesen".

Dass einige Forex-Broker wie Alpari oder FXCM nun straucheln, kommt nicht von ungefähr. Der enorm gehebelte Handel von Devisen, besonders im Retail-Bereich, ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Einige Broker, können durch die Verluste der Kunden die Eigenkapitalanforderungen nicht mehr erfüllen und müssen das Geschäft einstellen. Dazu gehören Alpari und der neuseeländische FX-Broker Global Brokers. FXCM kommt noch mit einem blauen Auge davon, da die Unterdeckelung von etwa 300 Millionen US-Dollar durch einen Notkredit aufgefangen wurde.

Wie kamen aber diese Verluste zu Stande?

Devisenbroker müssen Kundentrades nicht zwangsläufig im Hintergrund absichern. Sie leiten die Trades an den Interbankenmarkt weiter. Für den Handel von Devisen hinterlegt der Kunde allerdings nur eine Sicherheitsleistung, auch Margin genannt. Übersteigt der laufende Verlust des Kunden sein vorhandenes Kapital und somit die Marginanforderungen, so muss der Kunde Kapital nachschießen. Kann er das nicht, muss der Broker diesen Nachschuss leisten. Und genau das ist passiert. Viele Kunden konnten ihrer Nachschussforderung nicht mehr nachkommen. Normalerweise treffen Broker Sicherheitsvorkehrungen. Entweder sie weisen einen Kunden darauf hin, (der sogenannte "Margin Call") oder aber sie schließen die Positionen automatisch. Im Falle des Franken-Crashs war stundenlang keine Liquidität am Markt vorhanden, so dass eine Handelsaktivität erst nach Absturz möglich war. Dabei haben alle Absicherungssysteme der Broker versagt.

"Das Spiel der Spiele", wie es im Börsenjargon heisst, hat diesmal einen Dämpfer seitens der Geldpolitik bekommen. Am Ende ist es ein Spiel mit dem Feuer für einige Broker und Kunden geworden. Auch renommierte Banken wie die Deutsche Bank, mussten Verluste in Millionenhöhe hinnehmen, hiess es vermehrt aus anderen Medien.

Wie geht es weiter mit der Schweiz und dem Franken?

Trotzdem verfolgt die SNB ihre strategischen Ziele weiter. Eines davon war die Verteidigung des Bandes. Da dies nun zumindest offiziell vom Tisch ist, widmet sich die Notenbank der Bekämpfung der Deflation und das tut sie mit der Herabsetzung des Einlagenzinssatzes auf -0,75% und der Anpassung des 3M LIBOR Bandes. Das aktuelle Preiswachstum deutet auf deflationäre Entwicklungen hin.

Die Inflationsrate ist per Dezember und im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 % gesunken und befindet sich somit im negativen Bereich. Im November betrug die Inflationsrate noch -0,1%. Dennoch sieht die SNB mittel-bis langfristig keine Gefahr für die Preisstabilität.

Eine Deflationsspirale wird nicht erwartet. Aufgrund der starken bilateralen Beziehungen zwischen den EU-Ländern und vor allem Deutschland, war die Herabsetzung der Zinsen ebenfalls zu erwarten. Zwar hat die SNB bereits im Dezember das 3M LIBOR Band nach unten hin angepasst, dies hatte aber keinen nachhaltigen Effekt auf den EUR/CHF-Kurs. Neben den Exportschwierigkeiten, die Unternehmen aus der Schweiz nun bekommen sollten, kommen Verluste der Pensionskassen dazu. Diese schlossen viele Verträge ab, die sie jetzt durch Einnahmen nicht mehr gedeckt bekommen. Laut einer Schätzung entstanden den Kassen somit Verluste in Höhe von 30 Mrd. Franken. Im nächsten Schritt geht es wohl darum eine Kursnotierung zu etablieren, die der Wirtschaftskraft gerecht wird. Viele Experten sehen diese zwischen 1,10-1,15 Schweizer Franken je Euro. Bevor sich der Kurs jedoch in diesem Bereich einpendelt könnte es einige Zeit brauchen. Vor 2016 wird nicht damit gerechnet.

Fazit
Während Ökonomen sich weiterhin darüber streiten ob der Schritt der SNB richtig war oder nicht, sind sich viele darin einig, dass der faire Kurs bei etwa 1,10 Schweizer Franken je Euro liegt. Unter dem Niveau von 1,05 würde es für die schweizerische Wirtschaft einen Einbruch bedeuten.

Die Export-, Zuliefer- und die Tourismusindustrien werden zunächst leiden. Dass der Tourismus bereits vorher rückläufig war, belegen die Berechnungen des deutschen Reiseverbandes. Demnach ist die Zahl der deutschen Besucher im Jahr 2013 um 19 % eingebrochen. Experten rechnen mit einem Einbruch des Wirtschaftswachstums auf unter 1%. Aktuell beträgt die annualisierte Wachstumsrate per 4 Quartal 2014 1,9%.

Viele kritisieren den Schritt der SNB, vor allem weil die Zentralbank noch vor einigen Wochen die Verteidigung der Preisbindung bestätigt hat. Und viele sprechen von Kapitulation. Doch oft ist Kapitulation nun mal die kluge Entscheidung.

Vergleiche mit der BoE (Bank of England) und dem gewaltsamen Reissen des Bandes in 1992 sind nicht richtig, denn die BoE hat bis zum Letzten an ihrer Geldpolitik festgehalten und Milliarden dabei umsonst verbrannt. Notenbanken wird seit der Krise zur Last gelegt, ihre Unabhängigkeit von der Politik verloren zu haben. Im Falle des Schweizer Franken hat die SNB genau das Gegenteil bewiesen.
bewerten10 Bewertungen
Durchschnitt: 5,0